Als im Mai die
Nominierungen und Empfehlungen zum Kinderspiel des Jahres< bekanntgegeben wurden, war ich zugegebenermaßen noch relativ unbedarft.
Der letzte Jahrgang war meines Erachtens nicht wirklich gespickt mit
neuen Innovationen im Kinderspielbereich und ab gesehen von
Memoarrr!, das auf der
Empfehlungsliste für das Spiel des Jahres gelandet ist, wäre mir ad hoc kein Spiel eingefallen, dass auf diese Liste gepasst hätte.
Aber dafür haben wir ja die
Jury Spiel des Jahres, die sich jedes Jahr eine riesengroße Arbeit macht und alle in Frage kommenden Spiele sichtet, testet und bewertet und schlussendlich einige davon nominiert oder zumindest empfiehlt. Alleine dafür muss ich an dieser Stelle erneut Lob aussprechen, denn das ist nicht immer sonderlich leicht. Zumal die Verlage gerade mit
innovativen Spielen für jüngere Kinder dieses letzte Jahr sehr geizig waren.
Nach dem Erscheinen der Listen habe ich mir also die genannten Spiele genauer angeschaut und mir drei davon besorgt:
Panic Mansion von
Blue Orange/ Asmodee sowie
Dino World und
Rhino Hero : Super Battle von
HABA. Alle drei Spiele konnten wir in der Zwischenzeit ausgiebig testen und sie haben uns alle drei richtig gut gefallen.
Panic Mansion war das einzig nominierte und auch wenn ich mir
Emojito! von HUCH! (welches ebenfalls nominiert ist) noch nicht besorgt habe, dachte ich der Preis würde zwischen diesen beiden Spielen entschieden.
Fukelschatz - Die Überraschung beim Kinderspiel 2018
Gestern Morgen war es nun so weit: das
Kinderspiel des Jahres 2018 wurde in einer offiziellen Zeremonie in Hamburg bekanntgegeben. Da habe ich es mir nicht nehmen lassen diese via
Livestraeam zu verfolgen und war wohl ebenso gespannt auf den Gewinner wie Spieleautoren, Verlagsvertreter und Presse vor Ort.
Der
Auftakt war noch vielversprechend: da wurde Werbung für das
analoge Spiel als Gegenstück zum allgegenwärtigen Multimediakonsum gemacht und auf die schönen und wertvollen Seiten von Kinderspielen verwiesen, mit denen man die ganze Familie gut unterhalten und endlich mal wieder gemeinsam an einen Tisch bringen kann. Der Rest der Veranstaltung wurde dann - wie bei Preisverleihungen üblich - recht langweilig abgespult, trotz der Eigliederung von Schülern aus Hamburg, die auch die nominierten Spiele vorstellen durften. Bei abschließenden Bekanntgabe des Gewinners jedoch wurde ich mal wieder maßlos enttäuscht.
Doch zumächst mal Herzlichen Glückwunsch an den Autor Günter Burkhardt und seine Tochter Lena, die mit
Funkelschatz nettes Kinderspiel gemacht haben, das auf jeden Fall viele Kinder glücklich machen und ihnen schöne Stunden bereiten wird. Soviel muss trotz aller nun folgender Kritik sein! Aber für mich war Funkelschatz das schlechteste der drei nominierten Spiele ... aus vielerlei Gründen.
Ich werde jetzt keine Analyse der Jury betreiben. Glaube aber, dass ein Spiel wie
Panic Mansion deswegen keine Chance hatte, weil es bereits
letztes Jahr mit
Ice Cool ein Geschicklichkeitsspiel ganz oben auf die Leiter geschafft hat.
Bei
Panic Mansion werden diverse Objekte durch
gekonntes Schütteln und Rütteln durch das Spukschloss mit seinen acht Räumen gejagt. Wer bestimmte (durch Karten definierte) Objekte als erster in einen der acht Zielräume manövriert hat, bekommt einen Punkt (= Karte) und die nächste Aufgabe wird aufgedeckt.
Panic Mansion mach SOOOO viel Spaß - nicht nur Kindern -und lässt sich im Anspruch wunderbar steigern. Außerdem ist es
optisch herausragend umgesetzt, jedes Objekt verfügt über andere Merkmale. Die Schlange passt schlecht durch die Türen, die Augen rollen permanent von A nach B und die Spinnen aus Gummi kleben irgendwie am Boden fest. Hier passt jedes Detail und wer genau hinsieht erkennt, dass die Holzfigürchen nicht angemalt sind, sondern die Verzierungen darin eingefräst wurden.
Außerdem kann jeder interessierte Käufer das
Spiel schon in der Verpackung ausprobieren - einfach die Box umdrehen und losspielen, denn dort kann man sich eines der vier enthaltenen Spukschlösser mit einem Teil der Objekte live anschauen und das Spiel ohne es auszupacken ausprobieren ...
wie geil ist das denn?!
Wenn man all diese Komponenten zusammenzählt, dann hätte
Panic Mansion in meinen Augen klar gewinnen müssen. Ja, es ist tatsächlich erst für Kinder ab 6 Jahren geeignet, aber dafür haben auch Erwachsene eine Riesenfreude daran und der Schwierigkeitsgrad lässt sich dank Regelvarianten in meinen Augen hervorragend steuern. Außerdem hätte mit Panic Mansion mal nicht HABA und Co. den Preis gewonnen, sondern mit Blue Organe (Asmodee) ein
neuer aufstrebender Verlag. Wäre auch nicht ganz so verkehrt gewesen, denn vielen Familien da draußen ist gar nicht bewusst, dass es auch noch andere Verlage außer Ravensburger und HABA gibt, die hervorragende kindertaugliche Spiele machen. Einen
ausführlichen Review zu Panic Mansion wird es übrigens noch diese Woche hier bei Brettspieler geben.
Aber auch
Emojito! von
HUCH! wäre in meinen Augen ein durchaus verdienter Preisträger gewesen, verbindet dieses Spiel doch auf interessante Weise genau diese eingangs erwähnte
Multimediawelt (
Emojis) mit der analogen Welt der Brett- und Kartenspiele. Bei
Emojito! geht es darum
Emotionen nachzuahmen und diese zu interpretieren, sich also in die Gefühle anderer hineinzuversetzen und diese glaubhaft darzustellen. Eine Fähigkeit, die gerade in dieser hektischen von Medien dominierten Welt, in denen immer nur gelächelt und gepost wird, tatsächlich immer mehr an Bedeutung verliert. Hinzu kommt die
sensationelle Grafik der 100 beiliegenden Emoji-Karten, die einfach nur genial ist und wirklich jeden zum mitspielen auffordert.
Damit hätte die Jury meines Erachtens ein Zeichen setzen können. Verpasst!!
Und wieder warte ich auf den Deutschen Spielepreis
Beide genannten Spiele verbindet, dass sie hervorragend dazu in der Lage sind
die GANZE Familie an den Spieletisch zu bringen und allen einen anspruchsvollen und lustigen Spielenachmittag und -abend zu bereiten, abseits jeglicher multimedialen Berieselung. So wie eben in der Ansprache der
Kinderspiel-Vorsitzenden Sabine Koppelberg zu Beginn der Verleihung angeregt. ... und dann gewinnt
Funkelschatz!
Das Spiel ist schön, die
Glitzersteine lassen garantiert jedes Kinderherz höherschlagen (hiervon würde ich meine Tochter übrigens nicht ausnehmen). Auch das Spielprinzip ist nicht unbedingt schlecht: ein wenig Glück, ein wenig Mengen abschätzen, ein wenig Risiko, ein bisschen Feinmotorik und das alles in relativ kurzer Zeit gespielt. Aber ich bezweifle fest, dass wirklich die GANZE Familie
dauerhaft Freude an diesem Spiel haben wird. Ja man wird es wohl mitspielen und ganz viele Eltern werden es auch großartig finden, dass ihre Kinder so ein Spiel auch ohne deren Hilfe alleine spielen können.
Aber genau das möchte ich ja nicht!
Ich will ja auch Freude an einem Kinderspiel haben und es gerne mit meinen Kindern spielen, ohne mich permanent unterfordert oder gelangweilt zu fühlen. Natürlich haben auch wir Spiele, die unsere Kinder mit Freunden alleine spielen können, aber muss so ein Spiel
Kinderspiel des Jahres werden? Hier stellt sich also erneut die (unbeantwortete) Frage, auf was die Jury bzw. der Preis genau abzielt.
Für mich jedenfalls ist
nach der Preisvergabe Ernüchterung eingekehrt und ich hoffe auf den
Deutschen Spielepreis, der das dann hoffentlich wieder richten wird.
Hier kann jeder abstimmen und jede Stimme zählt. Die Abstimmung läuft übrigens noch bis Ende des Monats, also nichts wie mitmachen!
Ich bin gespannt, wer hier gewinnen wird … aber Funkelschatz wird es dann vermutlich (und hoffentlich) nicht.