Azul wurde letzte Woche zu Recht auf die
Nominierungsliste zum Spiel des Jahres gesetzt.
Letztes Jahr auf er
Spiel in Essen war
Azul von
Next Move (damals noch Plan B) der
absolute Publikumsliebling, die Erstauflage im Null Komma Nix vergriffen. Ebenso die Zweitauflage, die es aktuell nur noch für teuer Geld zu kaufen gibt.
Ich denke auch die
angekündigte Drittauflage, die für Juni angekündigt ist, wird ziemlich schnell ihren Weg aus den Läden auf die Spieletische der Nation finden. Denn inzwischen sollte sich herumgesprochen haben, dass Azul
das Zeug zum Dauerbrenner hat.
Einfach Regeln gepaart mit
taktischer Finesse laden zum Immer wieder Spielen ein und ziehen sogar absolute Spielverweigerer an den Tisch.
Azul - Fliesen nehmen, lagern und verbauen
Die
bunten Fliesen sind bei
Azul DAS zentrale Spielelement. 100 dieser schön anzuschauenden und -fassenden
quadratischen Spielsteinchen in 5 verschiedenen Farben liegen dem Spiel bei. Hinzu kommen noch neun runde Manufakturplättchen, von denen spielerzahlabhängig 5, 7 oder 9 kreisförmig in der Tischmitte ausgebreitet werden.
Jeder Spieler erhält ein
Ablagefeld aufgeteilt in vier Bereiche:
- die Musterreihen, in der die Fliesen während der Runde zunächst gesammelt werden,
- die Wand, auf welche die Fliesen zu Rundenende verbaut werden dürfen,
- die Bodenreihe, auf der sich überschüssige Fliesen sammeln sowie
- die Punkteleiste, auf der am Ende jeder Runde Punkte gesammelt werden.
Der Startspieler wird bestimmt und erhält den
Startspielerstein sowie das
Säckchen mit den Fliesen. Die Fliesen werden im Säckchen unbesehen gemischt und jeweils 4 davon auf den
Manufakturplättchen verteilt.
Der
Ablauf der Runden ist identisch. Diese beginnen zunächst mit der
Musterphase, die endet, sobald alle Fliesen aus der Tischmitte einen Besitzer gefunden haben. Danach kommt die
Fliesungsphase inklusive
Wertung.
Die
Musterphase beginnt der Startspieler, indem er von einer der Manufakturplättchen
alle Fliesen einer Farbe wählt, diese auf eine seiner Musterreihen legt und die übrigen Fliesen anderer Farben in die Mitte zwischen die Musterplättchen schiebt.
Die Folgespieler haben nun die Wahl:
- entweder sie wählen ebenfalls Fliesen von einem der noch belegten Manufakturplättchen und gehen wie oben beschrieben vor, oder
- sie nehmen alle Fliesen einer Farbe aus der Mitte und legen diese auf eine passende Musterreihe. Der erste Spieler, der diese Wahl trifft, nimmt zusätzlich noch den Startspielermarker und legt diesen ganz links auf seine Bodenreihe (hierzu später mehr).

Bei der
Wahl der Fliesen gibt es jedoch Einiges zu beachten:
Die Musterreihen sind
unterschiedlich lang und können nur eine begrenzte Anzahl Fliesen aufnehmen. Da man die genommenen Fliesen pro Zug stets nur in eine Reihe legen darf, fallen
überschüssige Fliesen auf den Boden und zerbrechen ... diese landen in der Bodenreihe. Zudem gibt die Wand vor, welche Fliesen überhaupt noch erlaubt sind.
Pro Wandreihe darf jede Fliesenfarbe nur 1x verbaut werden. Das schränkt die Auswahl mit der Zeit ein, da man Fliesen dieser Sorte nicht mehr in den entsprechenden Musterreihen packen darf. Daraus ergibt sich auch, dass man
begonnene Reihen stets mit der gleichen Fliesensorte füllen muss.
Und hier kommen wir zur zweiten Phase, der
Fliesenphase:
Sobald alle Fliesen aus der Mitte entfernt wurden, werden die
Fliesen aus der Musterreihe auf die Wand gebracht. Jedoch nur solche, bei denen die Reihe komplett voll ist. Hier wird der jeweils rechte Stein auf die Wand verschoben, der Rest landet zunächst neben dem gemeinsamen Spielbereich (sozusagen als Abfall). Reihen, die noch nicht vollständig befüllt sind, verbleiben dort bis auf Weiteres und warten in den Folgerunde auf weitere Fliesensteine und den Abbau.
Für jede Fliese, die erfolgreich ihren Weg auf die Wand gefunden hat gibt es nun
Punkte und zwar abhängig davon, wie viele
weitere Steinchen sich
orthogonal direkt angrenzend bereits an der Wand befinden. Sowohl horizontal als auch vertikal wird nun die Anzahl aller angrenzenden Fliesen gezählt (inkl. der soeben gelegten) und man erhält Punkte für jede dieser Fliesen. D.h. im Idealfall wird die neue Fliese doppelt gezählt.
Fliesen auf dem Boden jedoch bringen
Minuspunkte. Je mehr Spielsteine (inkl. Startspielerstein) sich dort angesammelt haben, desto schlechter. Die ersten zwei zerbrochenen Fliesen schlagen mit jeweils einem Minuspunkt zu buche, aber der dritten sind es zwei und ab der fünften drei.
Die Punkte zählt jeder Spieler für sich und hält diese im oberen Bereich des Ablagebereichs fest. Sobald ein Spieler eine Wandreihe komplettiert hat, endet das Spiel. Ansonsten beginnt der Startspieler mit dem erneuten Befüllen der Manufakturplättchen und es wird eine weitere komplette Runde gespielt. In der Regel ist also
nach 5 - 6 Runden Schluss.
Am Ende gibt es noch
Bonuspunkte für jede komplette Reihe (2 Punkte), komplette Zeile (7 Punkte) und vollständiges Fliesenset (5 Fliesen einer Farbe). Hierfür gibt es ganze 10 Extrapunkte.
Wer nach der Abschlussrechnung die meisten Punkte sammeln konnte ist Meister-Fliesenleger und gewinnt
Azul.
Azul - Wunderschönes Spiel für Jedermann
Azul steht zu Recht auf der
Nominierungsliste zum Spiel des Jahres 2018. Erfüllt es doch meines Erachtens die Kriterien für ein solches Spiel ausgezeichnet:
- Das Material ist ausgesprochen ansprechend und ein absoluter Hingucker.
- Die Regeln sind nicht zu komplex und bieten eine doch ungeahnte spielerische Tiefe und enormen Spielraum für Taktiker, lassen aber auch ein einfaches Spiel zu.
- Azul funktioniert in allen angegebenen Spielerzahlen wunderbar.
- Und ist das perfekte Spiel für Gelegenheitsspieler und Nichtspieler, die sich durch Azul haben bekehren lassen ... auch das ist mir schon zu Ohren gekommen.
Azul gefällt Vielspielern ebenso gut und ist daher bestens als sogenanntes
Türöffner-Spiel (engl. Gateway-Game) geeignet, mit dem man aber auch wirklich JEDEN an den Spieletisch bekommt und gleichzeitig eine wenig Werbung für das
moderne Brettspiel machen kann.
Hätte die Jury nicht noch mal eben den Underdog
The Mind auf die Liste gesetzt, würde das Spiel des Jahres zu 100% Azul werden ... nun müssen wir abwarten, wie die Jury entscheidet.
In der weltweit größten Spieledatenbank (Boardgamegeek) hat
Azul den Weg an die
Spitze sowohl der Familien als auch abstrakten Spiele bereits gefunden und wird sich zur Not auch ohne Titel etablieren, denn das
Zeug zum Dauerbrenner hat es allemal. Denn obwohl die
Regeln doch
recht simpel sind und nach der ersten Partie keine Fragen mehr aufkommen ist das
Geziehe und Gezerre um die besten Fliesen immer wieder aufs Neue eine wunderschöne und
ansprechende Herausforderung.
Azul ist ein Spiel mit
perfekter Information: man weiß genau was man selber hat, ebenso die Mitspieler und wie die Auswahl aussieht. Daraus in jedem Zug das Beste zu machen, mögliche Züge der Gegner einzukalkulieren um diesen evtl. ein Schnippchen zu schlagen, darin liegt der
besondere Reiz von Azul. Man kann das Spiel recht freundlich nebeneinander her spielen oder eben recht früh auf Konfrontationskurs gehen. Beide Spielweisen sind möglich und daher ist es sowohl für Taktier als auch für Familien geeignet, die einfach nur ein großartiges Spiel spiele wollen.
Der
Ärger- und Interaktionsfaktor ist durchaus vorhanden: wenn der Mitspieler gegen Ende der Runde seine Musterreichen schon voll hat und dann nochmal einen Schwung Steine nehmen muss, dann ist die Schadenfreude enorm groß. Darauf lässt sich hier tatsächlich hinarbeiten. Bei jedem Zug sollte stets abgewägt werden, was die anderen Mitspieler am Tisch so vorhaben und auf welche Fliesen sie wohl zugreifen werden …
eine wenig Vorausplanung ist hier durchaus angebracht.
Das
Material ist bezaubernd schön. Die Fliesen haben eine schöne Größe und sehen auf dem Spielplan extrem gut aus. Auch die Spielpläne an sich sind anspruchsvoll gestaltet und liefern alle wichtigen Informationen (inkl. Bonus für die Endabrechnung). Lediglich den Punktemarker sollte man nicht aus den Augen verlieren, der kann leicht mal verrutschen. Ich schätze mal es wird nicht lange dauern, dann können Nerds wie ich auch für dieses Spiel eine Auflage kaufen, damit dies nicht mehr so schnell passiert.
Die
Rückseite der Spielpläne liefert zudem noch eine
Spielvariante: hier ist das Fliesenmuster nicht vorgegeben. Jedoch gilt weiterhin die Regel, dass pro Reihe jede Farbe nur 1x vorhanden sein darf, ebenso pro Spalte. Bis dato bin ich noch nicht dazu gekommen diese Variante auszuprobieren, der normale Spielplan reicht mir derzeit noch völlig aus.
Die Regeln sind auch verständlich geschrieben und mit vielen Beispielen versehen. Da bleibt keine Frage offen und nach dem ersten Spiel muss man auch nichts mehr nachlesen.
Neben den Spielsteinen selbst ist übrigens auch der
Sack für die Fliesen ein absoluter
Hingucker. Andere Verlage hätten hier wohl einfach einen langweiligen Beutel beigefügt. Hier jedoch ist es ein verziertes Jutesäckchen mit Azul-Logo und Fliesen bedruckt.
Jedem, dem ich
Azul bisher gezeigt habe, hat sich das Spiel danach auch gekauft. Meine Eltern haben mir sogar mein Exemplar abgekauft, weil sie es unbedingt haben wollten ... das sagt schon viel, denn eigentlich wollen sie keine neuen Spiele mehr!
Für etwas Verwirrung hat kurzzeitig der Wechsel des Verlagsnamens geführt.
Plan B - ein noch relativ junger Verlag - hatte letztes Jahr neben Azul auch Century auf den Markt gebracht. Nun steht auf der Zweitauflage nicht mehr Plan B sondern
Next Move. Man hat wohl geahnt, dass da was Großes draus werden könnte.
So … mehr Werbung mache ich an dieser Stelle nicht mehr. Wer sich auch nur ein bisschen für
abstrakte Spiele interessiert,
der MUSS Azul haben! Die Drittauflage ist für Juni angekündigt und wird vermutlich gleich wieder vergriffen sein.
Spieleinfo
Alter: 8+
Spieleranzahl: 2 - 4
Spieldauer: 30 - 45 min
Verlag: Next Move
Erscheinungsjahr: 2017
Auch ich muss jetzt bis Juni warten. Aber dann könnt Ihr
Azul auch wieder bei
Spielend einfach in Breisach ausprobieren und käuflich erwerben.